Wie Verhalten vererbt wird – und was du trotzdem tun kannst
„Der Hund ist halt schwierig.“
Solche Aussagen höre ich oft – meist mit einem leisen Unterton von Vorwurf, Hilflosigkeit oder Scham.
Aber was, wenn dein Hund gar nicht schwierig ist? Sondern einfach von Anfang an andere Voraussetzungen mitbringt?
Verhalten entsteht nicht im luftleeren Raum. Es ist das Ergebnis aus Genetik, Epigenetik, Umwelt und Erfahrung – und nicht immer liegt es an der Erziehung. Höchste Zeit, mit dem Schuldgefühl aufzuräumen und ehrlich hinzuschauen.

Genetik: Verhalten liegt in den Genen
Jeder Hund bringt durch seine Herkunft bestimmte Veranlagungen mit:
Jagdhunde jagen. Herdenschützer melden. Hütehunde kontrollieren Bewegung.
Diese Anlagen sind nicht „schlecht“ – sie sind Teil des genetischen Pakets, das der Hund mitbringt.


Problematisch wird es, wenn diese Anlagen nicht verstanden oder ignoriert werden.
Ein Jagdhund in einer Innenstadtwohnung ohne Auslastung wird auffällig – nicht, weil er schlecht ist, sondern fehl am Platz.
Epigenetik: Erfahrungen prägen Gene
Erfahrungen können die Aktivität von Genen beeinflussen – und diese Veränderungen können sogar weitervererbt werden.
Ein Beispiel: Ein Hund, der im Mutterleib oder in den ersten Lebenswochen unter extremem Stress stand, wird vermutlich ängstlicher oder reizbarer reagieren – unabhängig davon, wie liebevoll du ihn heute behandelst.
Besonders bei Tierschutzhunden sehen wir die Folgen von Epigenetik
Frühere Traumata, schlechte Aufzucht, fehlende Prägung – all das kann Verhalten auf biologischer Ebene verändern.
„Er ist halt so“ – und jetzt?
Ja, manche Dinge kann man nicht rückgängig machen.
Aber: Verhalten ist immer veränderbar – in gewissen Grenzen.
Was wirklich zählt:
- Verständnis für die Herkunft
- Training mit Geduld und Rücksicht
- Die Bereitschaft, nicht den Hund zu verändern – sondern den Umgang mit ihm
Ziel ist nicht der „perfekte Hund“, sondern ein besseres Miteinander.
Kein Platz für Schuldzuweisungen
Wenn dein Hund nicht „funktioniert“, wie du es dir vorgestellt hast – dann liegt das nicht immer an dir. Und vor allem nicht an ihm.
Es liegt oft an Rahmenbedingungen, die du nicht beeinflussen konntest.
Was du aber beeinflussen kannst
- Wie du mit diesen Voraussetzungen umgehst
- Was du tust, um deinem Hund gerecht zu werden
- Wie du euch beide vor Überforderung schützt
Herkunft & Aufwachsen legen den Grundstein
Nicht jeder Hund startet gleich ins Leben. Manche tragen ein schweres genetisches oder epigenetisches Paket mit sich – sichtbar erst auf den zweiten Blick.
Doch egal, welche Voraussetzungen dein Hund mitbringt: Er verdient dein Verständnis. Deine Geduld. Und deine Bereitschaft, seinen Weg mitzugehen.
Es ist die Sprache deines Hundes.
Und du kannst lernen, sie zu verstehen.
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